BILD: Kerstin TEXT: Sylvia Hagenbach

Von | 22. November 2007

Moench

 

es wäre so einfach, weiter zu wandern. ins blaue hinein wo der wind ein
lied erzählt. ich und der wind und das meer und der himmel, wir würden
singen. ein lied von blüten- und sternenstaub. der wind fährt in das
orangene segel, ich klappe meinen schirm zusammen und steche in den
himmel. die wind- und wetterfahrt beginnt und über den wellen verliere
ich meine sandalen, die wie nussschalen ins rauschende blau hinein
sausen. nussschalenschiffchen wellenkammauf, wellenkammab, bis ich sie
aus den augen verliere.
ich halte das segel fest, das orangene segel, und der wind singt noch
immer. ich habe die melodie vergessen und beobachte die sterne, sehe wie
der skorpion den schützen beisst, der schütze vor schreck seinen pfeil
abschießt und die waageschalen zum wackeln bringt. der stier galoppiert
die milchstraße entlang und ruft nach den seekühen, die bei fisch und
krebs unterm wasserspiegel sitzen und sich kämmen. bei ihnen sind
jungfrau und zwillinge und spielen skat, während der wassermann mit der
nixe schäkert. aus ihren augen rollen perlen, die der wassermann in
einem kescher sammelt und von zeit zu zeit den austern zum fraß
vorwirft. am horizont, ganz fern,
taucht eine insel auf. Dort liegen steinbock, widder und löwe friedlich
beisammen und lecken einander das fell.

jetzt spanne ich meinen schirm auf, lasse das segel los und lande am
strand. die tiere stehen auf, beschnuppern mich und laden mich ein, mich
zu ihnen zu legen. das tue ich, beobachte wellen und warte, bis das meer
meine sandalen wieder ausspuckt. dann werde ich meine nächste reise
beginnen…

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